Ausschnitt einer MEI Codierung

A Cosmopolitan Composer in Pre-Revolutionary Europe – Giuseppe Sarti


Zum Projekt
Das von der Einsteinstiftung Berlin finanzierte Drittmittelprojekt zu Giuseppe Sarti an der UdK Berlin nahm 2013 unter der Leitung von Prof. Dr. Christine Siegert in Kooperation mit Prof. Dr. Dörte Schmidt seine Arbeit auf. Als Wissenschaftliche MitarbeiterInnen waren Dr. Martin Albrecht-Hohmaier, Dr. Christin Heitmann und Kristin Herold M. A. an dem Projekt tätig. Kooperationspartnerin ist Dr. Bella Brover-Lubovsky (Hebrew University Jerusalem). In Jerusalem entstehen im Rahmen des Projekts eine umfassende Monographie über Giuseppe Sarti sowie eine kritische Print-Ausgabe des russischen Spektakels Nacal’noe upravlenie Olega („Die frühe Herrschaft Olegs“). An der UdK wurden zwei digitale Editionen italienischer Opern Sartis erarbeitet: Ediert wurden die Opera buffa Fra i due litiganti il terzo gode („Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte“), die ihre Uraufführung 1782 am Teatro alla Scala in Mailand erlebte, und seine Opera seria Giulio Sabino, die, uraufgeführt 1781 in Venedig, bald in ganz Europa gespielt wurde. Bei den Wiederaufnahmen wurden die Opern jeweils mehr oder weniger stark umgearbeitet, um sie den örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Dieses generelle Charakteristikum der italienischen Oper des 18. Jahrhunderts wird in dieser Edition erstmals adäquat berücksichtigt, indem verschiedene ausgewählte Fassungen jeder Oper in die Ausgabe einbezogen werden. Mit der Sarti-Edition wird es erstmals möglich sein, zwei der erfolgreichsten italienischen Opern des späten 18. Jahrhunderts in der Breite ihrer Überlieferung und damit in einer der historischen Werkauffassung entsprechenden Form darzustellen.

Digitale Edition
Digitale Editionen haben – in ihrer Möglichkeit, eine große Anzahl verschiedener Fassungen adäquat zu präsentieren – enorme Vorteile gegenüber Druckausgaben. Sowohl für die Erarbeitung als auch für die online Präsentation der digitalen Editionen von zwei Opern Giuseppe Sartis nutzte das Sarti-Projekt die vom Musikwissenschaftlichen Seminar Detmold/Paderborn entwickelten Edirom Tools. Der musikalische Text wird in dem XML-basierten Standard der Music Encoding Initiative MEI ausgezeichnet bzw. codiert. Die Struktur der Codierungen unterscheidet in der Auszeichnung zwischen einer Mikro- und einer Makroebene der Opern. Die Makroebene beschreibt dabei die Abfolge der einzelnen Nummern, wie Arien und Rezitative. Die Mikroebene beinhaltet die Struktur innerhalb dieser einzelnen Nummern, also Taktabfolge, Systeme und Noten. In einer gedruckten Edition müsste man diesen Unterschieden begegnen, indem, bei teilweise auch kleineren Differenzen im Material, ein Großteil an musikalischem Text gedoppelt würde. Mit einer digitalen Edition ist dies effizienter und eleganter darzustellen. Einzelne Nummern, die in mehreren Fassungen vorkommen, werden nur einmal in MEI codiert. Aus diesem so entstehenden Pool aus einzelnen Nummern können dann die jeweiligen Fassungen der Oper flexibel generiert werden. Oder eben auch eine den eigenen Wünschen entsprechende – so wie in der Inszenierung am UNI.T. der UdK Berlin im Juli 2015. Neben einer hohen Redundanzvermeidung beim Erzeugen des musikalischen Textes ist ein weiterer großer Vorteil einer digitalen Edition die Möglichkeit der Repräsentation von Scans der bearbeiteten Quellen. So können ForscherInnen neben dem Studium der Anmerkungen auch die Abbildungen der zugrunde liegenden Quellen zu Rate ziehen und so Editionsentscheidungen besser nachvollziehen. Nebenbei sei darauf hingewiesen, dass auch die erwähnten Anmerkungen in einer digitalen Edition sehr viel komfortabler zu nutzen sind, da sie an den entsprechenden Stellen verlinkt sind, statt in den Anhang einer gedruckten Edition verschoben zu werden. Bei aller Euphorie aus technikaffiner Sicht wird das codierte MEI (die einzelnen Dateien können bei github frei herunter geladen werden) aber auch als „menschenlesbarer“ Notentext in der digitalen Edition angezeigt. Dies ist möglich durch die Verwendung einer JavaScript basierten Renderingbibliothek wie beispielsweise Verovio, die eine Visualisierung des Notentextes erzeugt. Auch für die Repräsentation von Unterschieden innerhalb einzelner Nummern, also der oben erwähnten Mikrostruktur, eignet sich das Datenformat MEI in besonderem Maße, indem auch hier – ohne eine Duplizierung von Notenmaterial – individuelle Differenzen Berücksichtigung finden. Diese werden innerhalb des MEI-Dokuments codiert. So können beispielsweise abweichende Lesarten über Elemente (<app/> und <rdg/>) beschrieben und bei Abruf der jeweiligen Fassung dargestellt werden. Die Vorteile einer digitalen Edition sind also vielschichtig. Neben dem Angebot, die Scans der Originale innerhalb der Edition einfach nur zur Verfügung zu stellen, ist darüber hinaus der Zugang und Umgang für weitere Forschungsarbeiten durch differenzierte Navigationsmöglichkeiten und Verlinkungen sehr komfortabel wie z. B. Konkordanzen, die sich entsprechende Takte aus allen präsentierten Fassungen mit einander verbinden und diese parallel abrufbar machen. Durch diese Präsentationsform sind die Beziehungen der Quellen zueinander besonders gut nachvollziehbar, wenngleich unsere Editionen – da sie auf einer Auswahl von Quellen beruhen – nicht komplett sein können; doch auch hier wird eine weitere Stärke der digitalen Edition sichtbar: Anders als bei einem abgeschlossenen gedruckten Format bietet unsere Edition die Möglichkeit, diese jederzeit um weitere Quellen zu ergänzen.